Eine
Geschichte zu schreiben ist wie ein Bergweg, dem man folgt ...
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Man weiß, auf welchem Berg man sich befindet. Und man weiß auch, wo der Gipfel ist. Der Berg ist der Schauplatz der Geschichte – New York, Jermién oder das Land Hinter den Hügel und weit weg – und der Gipfel, das Ziel, ist das Ende der Geschichte. Wenn man den Gipfel sehen kann, hat man eine ziemlich genaue Vorstellung davon, wie das Ende aussehen soll. Wenn er im Nebel verborgen liegt, weiß man es nur ungefähr. Man geht
los. Die ersten Schritte sind die ersten Worte. Der Kopf ist voller Ideen
und voller Bilder, so ähnlich wie die klare Luft am Morgen, wenn
man zu seiner Wanderung aufbricht. Wenn man Glück hat, hält
das Wetter und der Weg ist bis zum Gipfel – so weit er auch entfernt
sein mag – frei. Die Nebelbank lässt den Weg auf einmal gar nicht mehr klar erscheinen, und vielleicht kann man den Gipfel überhaupt nicht mehr sehen. Man weiß, dass er noch da ist, aber vom Weg sieht man nur noch zehn, vielleicht zwanzig Meter weit. Das ist, wenn man sich in einer Geschichte Wort für Wort voran tastet, weil man sich nicht sicher ist, wie der Weg zum Gipfel weiter verläuft, weil jeder Schritt ein Schritt in die falsche Richtung sein kann, der die Handlung ganz anders beeinflusst, als man es sich vorstellt.. Man geht dennoch weiter. Verbissen. Stur. Man weiß, dass der Gipfel da ist und man ihn irgendwann erreichen muss. Manchmal
weiß man ganz genau, wie eine Geschichte weiter gehen soll, man
sieht es ganz genau vor sich – aber man weiß nicht, wie man
dorthin kommt, weil die Personen sich gerade an einem ganz anderen Ort
befinden. Lilith und Cai sollen in das Mietshaus kommen und das Blutbad
dort sehen – aber warum sind sie genau zu diesem
Zeitpunkt in diesem Viertel? Das ist dann, wenn der Fluss
über die Ufer getreten ist und man nicht weiß, wie man auf
die andere Seite kommen soll. Also ist man gezwungen, einen Umweg zu gehen. Aber wenn
man Pech hat, wird der Nebel irgendwann zu dick – oder man wandert
zu viele Tage, die zu viel zu vielen Wochen werden, am Fluss entlang,
um noch Hoffnung zu haben, einen Weg hinüber zu finden. Man kann
den Weg natürlich zurückgehen; manchmal hat der Fluss einen
Baumstamm angeschwemmt, über den man balancieren kann, und die Reise
geht weiter, auch wenn sie unterbrochen wurde. Aber oft stellt man fest,
wie weit der Gipfel noch weg ist ... und dann gibt man
die Hoffnung auf, ihn noch zu erreichen. Man kehrt um. Man sagt sich,
dass man es irgendwann später - vielleicht in ein paar Wochen oder
Monaten - noch einmal versuchen kann. Dass der Weg nicht wegläuft.
Und der Gipfel auch nicht. Aber man erinnert sich nur zu gut an die Anstrengung
und die Schmerzen, die der Weg beim ersten Mal gekostet hat. Der Traum
vom Gipfel beginnt zu verblassen - und die Geschichte stirbt. |